Empört über das aktuelle Verhalten des Verwaltungsgerichts Koblenz hier eine Stellungnahme von KOP Berlin, welche von uns unterstützt wird.
http://www.kop-berlin.de/beitrag/cop-watch-wer-racial-profiling-beobachtet-stort
COP WATCH – WER RACIAL PROFILING BEOBACHTET, STÖRT!
Stellungnahme der KOP vom 24.09.2013
Wiederholt weigert sich das Verwaltungsgericht Koblenz Rassismus bei der Polizei zu erkennen und zu verurteilen. Am 21.08.2013 hatte das Gericht die Klage einer jungen Frau abgewiesen, die gegen die Rechtmäßigkeit eines Platzverweises prozessierte. Sie hatte am 05. Mai 2012 zusammen mit Anderen am Kasseler Hauptbahnhof eine Personenkontrolle beobachtet, die rassistisch motiviert war. Die Beamt*innen fühlten sich von ihr gestört und entfernten sie im Polizeigriff aus dem Bahnhof. Offensichtlich passte es ihnen nicht, dass die Klägerin sie bereits zuvor in einem Zug wegen ihrer Kontrollpraxis angesprochen hatte. Da gaben sie noch zu, ihre Kontrollen verdachtsunabhängig nach rassistischen Kriterien wie Haut- und Haarfarbe auszurichten. (Az.: 5 K 832/12.KO)
Dabei hatte das OVG Rheinland-Pfalz im Oktober 2012 beschlossen, dass eine Personenkontrolle anhand rassistischer Merkmale wie Hautfarbe dem Gleichbehandlungsgrundsatz des GG widerspreche. (Az. 7 A 10532/12.OVG) Dass der Beschluss Polizeibeamt*innen im Alltag offensichtlich wenig interessiert, war nach der Stellungnahme von Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, nicht anders zu erwarten. Wendt hatte den Beschluss des OVG damals als „schöngeistige Rechtspflege“ scharf kritisiert. Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung schätzte daraufhin richtig ein, als er schrieb: „Das heißt nichts anders als das: Die Polizei hat Menschen anderer Hautfarbe auf dem Kieker. Es gibt den polizeilichen Pauschalverdacht gegen Farbige. Das aber verstößt gegen mehr Gesetze und Konventionen, als hier aufgezählt werden können. (…) Wenn nun Polizeivertreter diese Artikel und Paragrafen für untauglichen Firlefanz halten, ist das, vorsichtig gesagt, befremdlich.“ (Zit. n. http://www.berliner-zeitung.de/meinung/auslese-ein-polizist–der-zu-viel-redet,10808020,20759000.html)
Das Verfahren von damals konnte keine Wirkung hin zu einer diskriminierungssensiblen Praxis polizeilicher Arbeit entfalten, soviel ist klar. Allein in Berlin hat KOP seit dem Beschluss des OVG Rheinland-Pfalz knapp zehn Fälle rassistischer Polizeipraxis dokumentiert. Auch berichten bundesweit weiter Menschen von rassistischen Personenkontrollen in Zügen der Deutschen Bahn. Das zeigen die Rückmeldungen, die KOP und die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland auf ihre bundesweite Kampagne „Racial Profiling kostet …“ erhält. Die Kampagne motiviert Menschen, die rassistische Personenkontrollen im Zugriffsbereich der Bundespolizei erleben bzw. bezeugen, einen symbolischen Schadenersatz sowie eine Stellungnahme von der Behörde zu verlangen. (Vgl. http://www.stoppt-racial-profiling.de/)
Dass Zeug*innen von Racial Profiling, die in zivilcouragierter Weise das verfassungsgemäße Handeln von Polizist*innen im Alltag beobachten, durch Polizei und Justiz kriminalisiert werden, ist auch in Berlin nicht neu. Auch hier werden sie diffamiert, Opfer von Geltungsdrang und politischer Verblendung zu sein. (Vgl. bspw. http://kop-berlin.de/bundles/kbweb/files/kop_chronik.pdf, S. 119, 126, 129)
Dabei stellt die Beobachtung polizeilichen Handelns durch Bürger*innen ein jahrzehntealtes Konzept der Menschen- und Bürgerrechtsarbeit dar. (Vgl. Liz Fekete: Wozu Monitoring?; in ReachOut: Rückblicke, Praxen, Perspektiven. 10 Jahre ReachOut, Berlin, 2011) So muss die polizeiliche Praxis des Racial Profiling selbstverständlich beobachtet, bezeugt, dokumentiert und öffentlich thematisiert werden. Die Behörde selbst äußert sich zum Vorwurf rassistischen Handelns nämlich nicht bzw. stets abweisend, ist also keine Hilfe bei der Aufklärung darüber, welche Erscheinungsformen rassistische Praxen in der Polizei haben. Dabei kann sie ihre Aussagen auf keinerlei empirische Untersuchungen stützen. Der Beweis, die Polizei würde nicht rassistisch diskriminieren, wurde bislang nicht erbracht. Mehr noch: er wird verweigert. Demgegenüber geben nationale Studien von Menschenrechtsorganisationen ernst zunehmende Hinweise auf Dimensionen von Racial Profiling in der Polizei. So haben Amnesty International und das Deutsche Institut für Menschenrechte der Polizei zuletzt ein Problem mit Rassismus bescheinigt. (Vgl.http://www.amnestypolizei.de/kampagne/bericht.html, http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/uploads/tx_commerce/Studie_Racial_Profiling.pdf)
Die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt stellt sich solidarisch und zu 100 Prozent an die Seite der mutigen Zeug*innen und Betroffenen von Kassel. KOP unterstützt ihr antirassistisches Engagement und das Engagement ihres juristischen Vertreters Sven Adam ausdrücklich. Es braucht auch in Zukunft unmissverständlichen Widerspruch gegen die rassistische Spaltung der Gesellschaft, wie sie (Bundes-)Polizei und Koblenzer Justiz praktizieren und festigen.
Für Rückfragen stehen zur Verfügung:
Rechtsanwalt Sven Adam: kontakt@anwaltskanzlei-adam.de, Tel. 0551-4883169
BiplabBasu: biplab_basu@reachoutberlin.de, 030/ 695 68 344
Informationen zum Urteil: http://neu.isdonline.de/wp-content/uploads/2013/09/2013-08-21-Urteil-VG-KO1.pdf
Mehr Informationen zum Verfahrensverlauf demnächst unter: http://www.anwaltskanzlei-adam.de
Informationen zu Möglichkeiten von Monitoring:
Du musst kein*e Held*in sein, um Zivilcourage zu zeigen: http://kop-berlin.de/beitrag/du-musst-kein-e-held-in-sein-um-zivilcourage-zu-zeigen
Kampagne „Racial Profiling kostet!: http://kop-berlin.de/beitrag/kop-und-isd-starten-gemeinsame-kampagne-racial-profiling-kostet-racial-profiling-costs-le-controle-au-facies-coute-cher-racial-profiling-treft-irk-profillendirilmesinin-bir-bedeli-var